Where Power Lies – 31 Portraits

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Where Power Lies Maryam Mottalebis malerische Praxis geht unter die Haut. Seit über zehn Jahren malt sie obsessive Portraits von Politiker:innen und anderen Personen der Macht. Ihre Auswahl ist dabei eher intuitiv. Motive ihrer Porträts - einige der mächtigsten Individuen unserer (und aller) Zeiten. Trump und Putin, Netanjahu und Salman ibn Abd al-Aziz, Merkel und Rafsanjani ... Jedes ihrer Bilder aber ist eine intensive Auseinandersetzung mit der portraitierten Person, vermittelt durch die Fotografie, denn sie hat (fast) keines ihrer Bildsubjekte je persönlich getroffen. Das ist auch nicht der Punkt. Jedes Mal, wenn Sie sich ein Sujet zurechtlegt, sucht sie intensiv nach Bildern der betreffenden Person und gleicht das Foto ab, mit – ja womit? Maryam spricht darüber nicht, aber man spürt, dass sie nach einem Ausdruck sucht, der eine Respondenz, eine Intensität transportieren kann, die die Person zwar abbildet, aber gleichzeitig die Energien auffängt, die durch Personen der Macht fließen, im Guten, wie im Bösen. In seinem Buch „Die zwei Körper des Königs“ über die politische Theologie des Mittelalters entwirft Ernst Kantorowicz aus der mittelalterlichen Vorstellung eines natürlichen, also sterblichen Körpers und eines übernatürlichen, also unsterblichen Körpers des Königs die Entstehungsgeschichte des modernen Staates, der zwischen der öffentlichen Funktion und der Person, die diese ausübt, unterscheidet. Und in der Tat verändert Macht die Menschen, nicht nur ihre Handlungen, ihre Psyche, auch ihre physische Präsenz so weit, dass, zu mindestens im öffentlichen Leben, die Zuschreibung ihrer Person, das was an Ihnen „menschlich“ ist, überstrahlt. In unserer Wertung öffentlicher Personen, oder von Personen der Macht, tritt immer wieder deren kollektive Einschätzung in den Vordergrund. Wir messen und vermessen deren Glaubwürdigkeit, Nutzen, Haltung oder einfach nur Effektivität, bevor wir uns um die jeweils vertretenen Inhalte kümmern. Wir wollen Sympathie empfinden, oder entwickeln Ablehnung. Mit anderen Worten, wir spiegeln uns und unsere Bedürfnisse in Personen der Macht und projizieren unsere Wertvorstellungen und kommen zu moralischen Wertungen. Nichts davon tut Maryam Mottalebi. Was auch immer ihre persönliche Faszination an diesen Personen sein mag, sie rückt ihnen auf den Leib und zoomt nahe heran. So nahe, dass man gerade noch ihr Gesicht sieht, das (meistens von zwei bis drei Bildkanten angeschnitten) in fast intimer Nahsicht erscheint. Was man wirklich sieht, ist Haut. Trocken gemalt, nahe dran. Die Künstlerin will wissen, was Macht mit der Person macht. Keine zwei Körper, oder andere Vorstellungen, die Personen der Macht herausheben, aus der menschlichen Kommunikation. Mit anderen Worten: Maryam Mottalebi malt Menschen der Macht und gleicht sie ab mit sich selber, als Mensch. Keine Bewunderung, keine Verurteilung streift ihre Bilder. Sondern ein Versuch den Personen so nahe zu kommen, dass man sie fast riechen könnte. In einer Ausstellung in der Galerie Sales in Tehran 2017, hat sie in die Reihe ihrer Gemälde einen Spiegel gehängt, der den Betrachter in dieselbe Reihe mit mächtigen Personen stellte. Sie sagt: „Ich wollte, dass die Besucher sich vorstellen, was sie getan hätten, wenn sie Macht hätten. Und auch gleichzeitig wollte ich, dass die Grenze zwischen Besuchern und diesen Politikern nicht da ist.“ – Deutlicher könnte sie ihren Anspruch nicht formuliert haben. Der Spiegel hat auch eine besondere Bedeutung in der persischen Kultur und spielt eine zentrale Rolle bei zwei Festen, zum einen während der Hochzeitszeremonie und zum anderen während des persischen Neujahrfestes, Norouz zur Frühjahrsonnenwende. Beides sind Zeremonien des Übergangs und Neubeginns. Vor dem Feierbeginn wird ein Tuch oder Tisch mit sieben Sachen geschmückt. Diese stehen stellvertretend für die sieben Tugenden des Zoroastrismus, dessen Traditionen im Iran noch immer lebendig sind. Zwei davon sind Kandelaber und ein Spiegel, die Licht und Feuer darstellen. Die Infragestellung von Personen der Macht durch die Künstlerin, ist deswegen weder getragen von Respektlosigkeit der abgebildeten Person gegenüber, noch ist es eine Infragestellung von Macht, denn diese ist unauflösbares Teil der Organisation menschlicher Gemeinschaft. Die Frage die Maryam Mottalebi stellt, ist die nach der Verkörperung von Macht als Mensch. Das moralische Urteil überlässt sie dem Betrachter. Sie fragt nach der, soll man es so sagen, „Belastbarkeit“ der Person der Macht in aller Ambivalenz und allem Wohl und Wehe, die diese Menschen zu verantworten haben: Kannst Du dich deiner Verantwortung stellen?“ … Das ist die Frage, die die Künstlerin ihren Bildsubjekten stellt. Das ist nicht wenig. Und zeugt von einem Selbstbewusstsein, das still vorgetragen wird und von einer Kenntnis von Macht, die anderen nicht sofort intuitiv kenntlich ist. Maryam Mottalebi selbst stammt aus der Bakhtiari-Familie. Ihr Vorfahren waren tief in die Geschichte Persiens im 19. und 20. Jahrhundert verwoben und an der Persischen Revolution die zur Einsetzung eines Parlamentes führte, beteiligt. Die Künstlerin lebt seit 2007 im Deutschland und ist dennoch auf vielfältige Weise mit der persischen Kultur und Gesellschaft verbunden. Sie unterhält vielzählige Kontakte zur persischen Gesellschaft, sowie Künstlern, Literaten und Musikern in ihrem Herkunftsland und nimmt regen Anteil an den sozialen und politischen Entwicklungen dort. Es lässt sie nicht los. Gleichzeitig ist sie nur besuchsweise dort. Die Spannung in ihren Werken speist sich genau aus diesen Verhältnissen, ihrem Anspruch nach Verantwortung und Verantwortlichkeit. Das ist ein Unterschied, den man ihren Gemälden, in denen beides oszilliert, lernen kann. Das, wie gesagt, erlaubt kein moralisches Urteil. Es ist weitaus rigoroser und beschreibt einen fast unerfüllbaren Anspruch… Wenn man sich fragt, warum die Künstlerin sich über zehn Jahre an Personen der Macht abarbeitet, dann muss man denken, dass sie dadurch die Spannung ihrer eigenen Biografie umleitet und den Leuten, die verantwortlich sind, für die Leiden und Spannungen in den verschiedenen Weltregionen, entgegenhält: Tut gefälligst euren Job und gebt mir mein Leben zurück! THE

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Where Power Lies Maryam Mottalebis malerische Praxis geht unter die Haut. Seit über zehn Jahren malt sie obsessive Portraits von Politiker:innen und anderen Personen der Macht. Ihre Auswahl ist dabei eher intuitiv. Motive ihrer Porträts - einige der mächtigsten Individuen unserer (und aller) Zeiten. Trump und Putin, Netanjahu und Salman ibn Abd al-Aziz, Merkel und Rafsanjani ... Jedes ihrer Bilder aber ist eine intensive Auseinandersetzung mit der portraitierten Person, vermittelt durch die Fotografie, denn sie hat (fast) keines ihrer Bildsubjekte je persönlich getroffen. Das ist auch nicht der Punkt. Jedes Mal, wenn Sie sich ein Sujet zurechtlegt, sucht sie intensiv nach Bildern der betreffenden Person und gleicht das Foto ab, mit – ja womit? Maryam spricht darüber nicht, aber man spürt, dass sie nach einem Ausdruck sucht, der eine Respondenz, eine Intensität transportieren kann, die die Person zwar abbildet, aber gleichzeitig die Energien auffängt, die durch Personen der Macht fließen, im Guten, wie im Bösen. In seinem Buch „Die zwei Körper des Königs“ über die politische Theologie des Mittelalters entwirft Ernst Kantorowicz aus der mittelalterlichen Vorstellung eines natürlichen, also sterblichen Körpers und eines übernatürlichen, also unsterblichen Körpers des Königs die Entstehungsgeschichte des modernen Staates, der zwischen der öffentlichen Funktion und der Person, die diese ausübt, unterscheidet. Und in der Tat verändert Macht die Menschen, nicht nur ihre Handlungen, ihre Psyche, auch ihre physische Präsenz so weit, dass, zu mindestens im öffentlichen Leben, die Zuschreibung ihrer Person, das was an Ihnen „menschlich“ ist, überstrahlt. In unserer Wertung öffentlicher Personen, oder von Personen der Macht, tritt immer wieder deren kollektive Einschätzung in den Vordergrund. Wir messen und vermessen deren Glaubwürdigkeit, Nutzen, Haltung oder einfach nur Effektivität, bevor wir uns um die jeweils vertretenen Inhalte kümmern. Wir wollen Sympathie empfinden, oder entwickeln Ablehnung. Mit anderen Worten, wir spiegeln uns und unsere Bedürfnisse in Personen der Macht und projizieren unsere Wertvorstellungen und kommen zu moralischen Wertungen. Nichts davon tut Maryam Mottalebi. Was auch immer ihre persönliche Faszination an diesen Personen sein mag, sie rückt ihnen auf den Leib und zoomt nahe heran. So nahe, dass man gerade noch ihr Gesicht sieht, das (meistens von zwei bis drei Bildkanten angeschnitten) in fast intimer Nahsicht erscheint. Was man wirklich sieht, ist Haut. Trocken gemalt, nahe dran. Die Künstlerin will wissen, was Macht mit der Person macht. Keine zwei Körper, oder andere Vorstellungen, die Personen der Macht herausheben, aus der menschlichen Kommunikation. Mit anderen Worten: Maryam Mottalebi malt Menschen der Macht und gleicht sie ab mit sich selber, als Mensch. Keine Bewunderung, keine Verurteilung streift ihre Bilder. Sondern ein Versuch den Personen so nahe zu kommen, dass man sie fast riechen könnte. In einer Ausstellung in der Galerie Sales in Tehran 2017, hat sie in die Reihe ihrer Gemälde einen Spiegel gehängt, der den Betrachter in dieselbe Reihe mit mächtigen Personen stellte. Sie sagt: „Ich wollte, dass die Besucher sich vorstellen, was sie getan hätten, wenn sie Macht hätten. Und auch gleichzeitig wollte ich, dass die Grenze zwischen Besuchern und diesen Politikern nicht da ist.“ – Deutlicher könnte sie ihren Anspruch nicht formuliert haben. Der Spiegel hat auch eine besondere Bedeutung in der persischen Kultur und spielt eine zentrale Rolle bei zwei Festen, zum einen während der Hochzeitszeremonie und zum anderen während des persischen Neujahrfestes, Norouz zur Frühjahrsonnenwende. Beides sind Zeremonien des Übergangs und Neubeginns. Vor dem Feierbeginn wird ein Tuch oder Tisch mit sieben Sachen geschmückt. Diese stehen stellvertretend für die sieben Tugenden des Zoroastrismus, dessen Traditionen im Iran noch immer lebendig sind. Zwei davon sind Kandelaber und ein Spiegel, die Licht und Feuer darstellen. Die Infragestellung von Personen der Macht durch die Künstlerin, ist deswegen weder getragen von Respektlosigkeit der abgebildeten Person gegenüber, noch ist es eine Infragestellung von Macht, denn diese ist unauflösbares Teil der Organisation menschlicher Gemeinschaft. Die Frage die Maryam Mottalebi stellt, ist die nach der Verkörperung von Macht als Mensch. Das moralische Urteil überlässt sie dem Betrachter. Sie fragt nach der, soll man es so sagen, „Belastbarkeit“ der Person der Macht in aller Ambivalenz und allem Wohl und Wehe, die diese Menschen zu verantworten haben: Kannst Du dich deiner Verantwortung stellen?“ … Das ist die Frage, die die Künstlerin ihren Bildsubjekten stellt. Das ist nicht wenig. Und zeugt von einem Selbstbewusstsein, das still vorgetragen wird und von einer Kenntnis von Macht, die anderen nicht sofort intuitiv kenntlich ist. Maryam Mottalebi selbst stammt aus der Bakhtiari-Familie. Ihr Vorfahren waren tief in die Geschichte Persiens im 19. und 20. Jahrhundert verwoben und an der Persischen Revolution die zur Einsetzung eines Parlamentes führte, beteiligt. Die Künstlerin lebt seit 2007 im Deutschland und ist dennoch auf vielfältige Weise mit der persischen Kultur und Gesellschaft verbunden. Sie unterhält vielzählige Kontakte zur persischen Gesellschaft, sowie Künstlern, Literaten und Musikern in ihrem Herkunftsland und nimmt regen Anteil an den sozialen und politischen Entwicklungen dort. Es lässt sie nicht los. Gleichzeitig ist sie nur besuchsweise dort. Die Spannung in ihren Werken speist sich genau aus diesen Verhältnissen, ihrem Anspruch nach Verantwortung und Verantwortlichkeit. Das ist ein Unterschied, den man ihren Gemälden, in denen beides oszilliert, lernen kann. Das, wie gesagt, erlaubt kein moralisches Urteil. Es ist weitaus rigoroser und beschreibt einen fast unerfüllbaren Anspruch… Wenn man sich fragt, warum die Künstlerin sich über zehn Jahre an Personen der Macht abarbeitet, dann muss man denken, dass sie dadurch die Spannung ihrer eigenen Biografie umleitet und den Leuten, die verantwortlich sind, für die Leiden und Spannungen in den verschiedenen Weltregionen, entgegenhält: Tut gefälligst euren Job und gebt mir mein Leben zurück! THE

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