Die Wege des Wassers – 水之道
Wasser ist Leben, sagt man – und tatsächlich kann man nur 3-4 Tage ohne Trinkwasser leben, bevor man an Exsikkose stirbt. Wasser ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Leben, nicht nur für das menschliche Leben, sondern auch für das unseres Planeten. Und dennoch haben heute die meisten Menschen in westlichen Gesellschaften den Eindruck, dass Wasser aus den Wänden ihrer Küchen und Badezimmer entspringt. Wie wenig wir über Wasser wissen, kann man mit einem kleinen Alltagsbeispiel zeigen. Um das Baumwoll-T-Shirt, das Sie unter Ihrem Pullover tragen, zu produzieren, benötigt man 2700 Liter Wasser – so viel, wie es braucht, um einen Menschen drei Jahre lang am Leben zu halten. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie sehr unser Zusammenleben in Metropolregionen von immer schwierigerem Wassermanagement abhängt, welche gigantischen Infrastrukturen hinter unserem leichtfertigen Umgang mit Wasser stehen, spürt man vielleicht ein bisschen mehr Respekt. Tatsächlich ist „Wassermanagement“ so alt wie die Menschheit und wird spätestens mit der neolithischen Sesshaftwerdung zur Notwendigkeit in den dadurch entstehenden Kulturlandschaften. Man kann sagen, dass das Wasser nicht nur die Landschaften geprägt hat, sondern auch die menschlichen Kulturen bestimmt hat, die sich an den Gewässern entlang entwickelte. Produktion, Handel, Transport und Kommunikation entwickelte sich entlang der „Wasserstraßen“, wie wir das heute nennen. Geschichtlich waren große Flüsse mythische Wesen und kulturell identitätsbildend und wurden so zu gesellschaftlichen Konstrukten. Ein sehr frühes Beispiel von „Wassermanagement“ mit all diesen Implikationen ist der Kaiserkanal 大运河 in China. Da so gut wie alle Flüsse dort in West-Ost-Richtung fließen, der Norden des Landes aber notorisch trocken ist, wurde schon sehr früh versucht eine Süd-Nord-Verbindung zu schaffen. Der „Große Peking-Hangzhou-Kanal“ ist heute 1800 km lang und bis zu 40 Meter breit. Schon im Staate Wu vor ca. 2400 Jahren entstanden erste Kanalabschnitte. Zwischen 584 und 610 ließen die Sui-Kaiser (hauptsächlich Yangdi) ein Kanalnetz ausbauen, das die Hauptstädte am Huang He und Wei He mit dem Unterlauf des Jangtse-Flusses und mit Hangzhou im Süden, sowie mit der Region beim heutigen Peking im Norden verband. Der höchste Punkt des Kanals lag bei 42 m über Meereshöhe. Die Unterschiede wurden durch Rutschbahnen überwunden, bis im Jahr 984 der Kommissar für Transportwesen in Anhui, Qiao Weiyue, die Schleuse erfand. Bis heute wird dieser Kanal immer weiter ausgebaut und versorgt Peking mit Wasser und Lebensmitteln aus dem fruchtbaren Süden. Die strategische Bedeutung dieser Wasserstraße war für die Entwicklung Chinas eminent. Die Historiker sind sich einig, dass, ohne die Logistikleistungen dieses Bauwerks, China nie dieses große Reich hätte werden und bleiben können. Wasser hat auch eine spirituelle Seite. Es hat reinigende Funktion. Vom Dao bis zu den abrahamitischen Religionen war Wasser ein wesentliches Element in den Riten der Völker der Welt. Dabei war lange unbekannt, wie der zu beobachtende Kreislauf des Wassers funktionierte. So steht im Alten Testament bei Prediger Salomo Kapitel 1, Vers 7: Alle Wasser laufen ins Meer, doch wird das Meer nicht voller, an den Ort, da sie herfließen, fließen sie wieder hin. Im Dao De Jing 道德經 heißt es: „Auf der Welt gibt es nichts, was weicher und dünner ist, als Wasser. Doch um Hartes und Starres zu bezwingen, kommt nichts diesem gleich. Dass das Schwache das Starke besiegt, das Harte dem Weichen unterliegt, jeder weiß es, doch keiner handelt danach.” Aus dieser Beobachtung von Wasser als Metapher für das Dao 道 (wörtlich: der Weg) zieht der Daoismus seine ethische Philosophie. „Die Flüsse und Meere sind König über alle Täler, weil sie gut darin sind, tiefer zu bleiben als diese.“ 江海之所以為百谷王者,以其善下也.Das Preisen des „Nichts-Tun“ als Weg orientiert sich genauso an der Qualität des Wassers: „Das Dao fließt leicht und in jede Richtung.“ 道泛呵,其可左右 Und übrigens – Dao De Jing, wörtlich übersetzt: 道, der Weg; 德, Ethik, Moral, Tugend; 經, heilige Schrift – das zweite Zeichen „De“, 德, verwenden die Chinesen als Name für Deutschland. Wir sind 德国, De Guo, das moralische Land. Zum Thema Wasser in der Kunst: Schon in der Song-Dynastie (960 – 1279), einer der wichtigsten Perioden in der Kunstgeschichte Chinas, die bis heute die kulturelle Produktion Asiens beeinflusst, gab es einen Künstler, Ma Yuan (1160 – 1225), der unter dem Kaiser Guangzong zum Hofmaler avancierte. Von ihm ist eine berühmte Bildrolle erhalten, die im Palast Museum der Verbotenen Stadt in Peking aufbewahrt wird. Darauf sind 12 Bilder zu sehen von Wasser. “Klares Wasser in einem seichten, kalten Teich“, „Gegenströmungen im Gelben Fluss“, oder „Die riesige Ausstreckung des Yangtse-Flusses“, so benennen kurze Beschreibungen aus je vier Schriftzeichen die unterschiedlichen Agitationszustände von Wasser, geschrieben von der Kaiserin Yang Meizi. Die Bildrolle trägt 86 Siegel und enthält mehrere Texte hoher Beamter, als Zeichen deren höchster Wertschöpfung. Man darf diese Rolle als die erste systematische künstlerische Untersuchung der Energien von Wasser begreifen – rund dreihundert Jahre bevor Leonardo Da Vinci seine berühmten Wasserstudien (1510 – 12) gezeichnet hat, die sich heute im Besitz des Royal Collection Trust des Hauses Windsor befinden. Dass Ma Yuan in Deutschland so gut wie unbekannt ist, stellte eine weitere peinliche Instanz dar einer langen Kette von informationeller Asymmetrie zwischen Asien und dem Westen. Einer traurigen Tatsache, der die vorliegende Ausstellung wenigstens in diesem Rahmen etwas Abhilfe verschaffen will. Denn künstlerisch dreht sich in China alles um das Thema Wasser. 水墨 (Wasser-Tinte) ist das Wort für Malerei. 山水 (Berg-Wasser) das Wort für Landschaftsmalerei, in der es nicht um das Abmalen existierender Gegenden geht, sondern um das innere Gefühl der Natur und ihrer Energien. Dazu bedarf es der Meisterschaft des Künstlers im Umgang mit sich selbst, seinen bildnerischen Mitteln und der Fähigkeit die Energien der Natur, die nicht getrennt sind von den Energien im Körper des Künstlers. Wenn dies so umgesetzt wird, dass der Energiefluss durch das Bild auch in den Betrachter (Körper und Geist) sich überträgt, dann ist es erfolgreich. Um diese Fähigkeiten lernt man als junger Mensch an Vorbildern, die es nachzumalen gilt – nicht im Sinne einer Kopie, sondern ehr so wie ein Kind durch Nachahmung lernt. Es gilt also nicht nur zu malen, was man sieht, sondern mit dem Körper zu erfahren, wie sich das im Nachempfinden anfühlt. Und so kommt es dazu, dass in der Kunstgeschichte Chinas nicht immer das ursprüngliche Original am höchsten geschätzt wird. Es ist durchaus möglich, dass hunderte Jahre später eine andere Künstlerpersönlichkeit das Bild mit mehr Gespür für die Bildenergien eine bessere Version malt, die dann als höchste Leistung geschätzt wird. Diese zeitlos traditionelle Auffassung von Kunst ist in dieser Ausstellung besonders relevant, weil beide Künstler, Werner Knaupp und Meng Huang den Energien von Wasser seit Jahrzehnten auf der Spur sind und, von ihrer je eigenen kulturellen Ausgangsposition diese in ihre Bilder kanalisieren. Meng Huang bedient sich dazu der im Westen entwickelten Ölmalerei, die er dennoch wie Tuschemalerei verwendet. Traditionell spricht man von 8 Stufen von schwarz in klassischer Tuschemalerei. Meng Huang ist ambitionierter und strebt eine Palette von 12 Tönen an. Dazu kommt die Technik, die gerade gemalte Schicht wieder abzuwischen und neu aufzubauen, so dass die Leinwand anfängt dreidimensional zu werden. Die Farbe sammelt sich, wie das Wasser im Daoismus in den „Tälern“ der Leinwand und kommt so ganz langsam zum Vorschein und beschert den Bildern eine zeitliche Struktur, die den Betrachter ganz langsam, dafür aber umso nachhaltiger umfängt. Werner Knaupp dagegen ist ein Proteus der Malerei, der die Gewalt von Wasser erlebt hat und davon sprechen kann wie kein Zweiter. Er malt seine Bilder nicht – er schüttet sie Schicht über Schicht in Acryl, bis die Bilder unter ihrem Gewicht zu zerbersten drohen wie ein Schiff auf dem Ozean. Seine Version von Wasser ist präsent, da, jetzt und kompromisslos. Sein Wasser ist immer auch eine Frage nach Leben und Tod. Was beide Künstler vereint, sind ihre unterschiedlichen Fähigkeiten die Energien des Wassers nicht nur sichtbar, sondern physisch erlebbar zu machen. Aus chinesischer Perspektive wird Werner Knaupp als „Meister“ des Themas Wasser sichtbar und aus westlicher Sicht wird Meng Huang ein Revolutionär der Malerei, der die Leinwand dreidimensional macht und die Zeiterfahrung seiner Gemälde erweitert.
Wasser ist Leben, sagt man – und tatsächlich kann man nur 3-4 Tage ohne Trinkwasser leben, bevor man an Exsikkose stirbt. Wasser ist eine unverzichtbare Voraussetzung für das Leben, nicht nur für das menschliche Leben, sondern auch für das unseres Planeten. Und dennoch haben heute die meisten Menschen in westlichen Gesellschaften den Eindruck, dass Wasser aus den Wänden ihrer Küchen und Badezimmer entspringt. Wie wenig wir über Wasser wissen, kann man mit einem kleinen Alltagsbeispiel zeigen. Um das Baumwoll-T-Shirt, das Sie unter Ihrem Pullover tragen, zu produzieren, benötigt man 2700 Liter Wasser – so viel, wie es braucht, um einen Menschen drei Jahre lang am Leben zu halten. Wenn man sich vergegenwärtigt, wie sehr unser Zusammenleben in Metropolregionen von immer schwierigerem Wassermanagement abhängt, welche gigantischen Infrastrukturen hinter unserem leichtfertigen Umgang mit Wasser stehen, spürt man vielleicht ein bisschen mehr Respekt. Tatsächlich ist „Wassermanagement“ so alt wie die Menschheit und wird spätestens mit der neolithischen Sesshaftwerdung zur Notwendigkeit in den dadurch entstehenden Kulturlandschaften. Man kann sagen, dass das Wasser nicht nur die Landschaften geprägt hat, sondern auch die menschlichen Kulturen bestimmt hat, die sich an den Gewässern entlang entwickelte. Produktion, Handel, Transport und Kommunikation entwickelte sich entlang der „Wasserstraßen“, wie wir das heute nennen. Geschichtlich waren große Flüsse mythische Wesen und kulturell identitätsbildend und wurden so zu gesellschaftlichen Konstrukten. Ein sehr frühes Beispiel von „Wassermanagement“ mit all diesen Implikationen ist der Kaiserkanal 大运河 in China. Da so gut wie alle Flüsse dort in West-Ost-Richtung fließen, der Norden des Landes aber notorisch trocken ist, wurde schon sehr früh versucht eine Süd-Nord-Verbindung zu schaffen. Der „Große Peking-Hangzhou-Kanal“ ist heute 1800 km lang und bis zu 40 Meter breit. Schon im Staate Wu vor ca. 2400 Jahren entstanden erste Kanalabschnitte. Zwischen 584 und 610 ließen die Sui-Kaiser (hauptsächlich Yangdi) ein Kanalnetz ausbauen, das die Hauptstädte am Huang He und Wei He mit dem Unterlauf des Jangtse-Flusses und mit Hangzhou im Süden, sowie mit der Region beim heutigen Peking im Norden verband. Der höchste Punkt des Kanals lag bei 42 m über Meereshöhe. Die Unterschiede wurden durch Rutschbahnen überwunden, bis im Jahr 984 der Kommissar für Transportwesen in Anhui, Qiao Weiyue, die Schleuse erfand. Bis heute wird dieser Kanal immer weiter ausgebaut und versorgt Peking mit Wasser und Lebensmitteln aus dem fruchtbaren Süden. Die strategische Bedeutung dieser Wasserstraße war für die Entwicklung Chinas eminent. Die Historiker sind sich einig, dass, ohne die Logistikleistungen dieses Bauwerks, China nie dieses große Reich hätte werden und bleiben können. Wasser hat auch eine spirituelle Seite. Es hat reinigende Funktion. Vom Dao bis zu den abrahamitischen Religionen war Wasser ein wesentliches Element in den Riten der Völker der Welt. Dabei war lange unbekannt, wie der zu beobachtende Kreislauf des Wassers funktionierte. So steht im Alten Testament bei Prediger Salomo Kapitel 1, Vers 7: Alle Wasser laufen ins Meer, doch wird das Meer nicht voller, an den Ort, da sie herfließen, fließen sie wieder hin. Im Dao De Jing 道德經 heißt es: „Auf der Welt gibt es nichts, was weicher und dünner ist, als Wasser. Doch um Hartes und Starres zu bezwingen, kommt nichts diesem gleich. Dass das Schwache das Starke besiegt, das Harte dem Weichen unterliegt, jeder weiß es, doch keiner handelt danach.” Aus dieser Beobachtung von Wasser als Metapher für das Dao 道 (wörtlich: der Weg) zieht der Daoismus seine ethische Philosophie. „Die Flüsse und Meere sind König über alle Täler, weil sie gut darin sind, tiefer zu bleiben als diese.“ 江海之所以為百谷王者,以其善下也.Das Preisen des „Nichts-Tun“ als Weg orientiert sich genauso an der Qualität des Wassers: „Das Dao fließt leicht und in jede Richtung.“ 道泛呵,其可左右 Und übrigens – Dao De Jing, wörtlich übersetzt: 道, der Weg; 德, Ethik, Moral, Tugend; 經, heilige Schrift – das zweite Zeichen „De“, 德, verwenden die Chinesen als Name für Deutschland. Wir sind 德国, De Guo, das moralische Land. Zum Thema Wasser in der Kunst: Schon in der Song-Dynastie (960 – 1279), einer der wichtigsten Perioden in der Kunstgeschichte Chinas, die bis heute die kulturelle Produktion Asiens beeinflusst, gab es einen Künstler, Ma Yuan (1160 – 1225), der unter dem Kaiser Guangzong zum Hofmaler avancierte. Von ihm ist eine berühmte Bildrolle erhalten, die im Palast Museum der Verbotenen Stadt in Peking aufbewahrt wird. Darauf sind 12 Bilder zu sehen von Wasser. “Klares Wasser in einem seichten, kalten Teich“, „Gegenströmungen im Gelben Fluss“, oder „Die riesige Ausstreckung des Yangtse-Flusses“, so benennen kurze Beschreibungen aus je vier Schriftzeichen die unterschiedlichen Agitationszustände von Wasser, geschrieben von der Kaiserin Yang Meizi. Die Bildrolle trägt 86 Siegel und enthält mehrere Texte hoher Beamter, als Zeichen deren höchster Wertschöpfung. Man darf diese Rolle als die erste systematische künstlerische Untersuchung der Energien von Wasser begreifen – rund dreihundert Jahre bevor Leonardo Da Vinci seine berühmten Wasserstudien (1510 – 12) gezeichnet hat, die sich heute im Besitz des Royal Collection Trust des Hauses Windsor befinden. Dass Ma Yuan in Deutschland so gut wie unbekannt ist, stellte eine weitere peinliche Instanz dar einer langen Kette von informationeller Asymmetrie zwischen Asien und dem Westen. Einer traurigen Tatsache, der die vorliegende Ausstellung wenigstens in diesem Rahmen etwas Abhilfe verschaffen will. Denn künstlerisch dreht sich in China alles um das Thema Wasser. 水墨 (Wasser-Tinte) ist das Wort für Malerei. 山水 (Berg-Wasser) das Wort für Landschaftsmalerei, in der es nicht um das Abmalen existierender Gegenden geht, sondern um das innere Gefühl der Natur und ihrer Energien. Dazu bedarf es der Meisterschaft des Künstlers im Umgang mit sich selbst, seinen bildnerischen Mitteln und der Fähigkeit die Energien der Natur, die nicht getrennt sind von den Energien im Körper des Künstlers. Wenn dies so umgesetzt wird, dass der Energiefluss durch das Bild auch in den Betrachter (Körper und Geist) sich überträgt, dann ist es erfolgreich. Um diese Fähigkeiten lernt man als junger Mensch an Vorbildern, die es nachzumalen gilt – nicht im Sinne einer Kopie, sondern ehr so wie ein Kind durch Nachahmung lernt. Es gilt also nicht nur zu malen, was man sieht, sondern mit dem Körper zu erfahren, wie sich das im Nachempfinden anfühlt. Und so kommt es dazu, dass in der Kunstgeschichte Chinas nicht immer das ursprüngliche Original am höchsten geschätzt wird. Es ist durchaus möglich, dass hunderte Jahre später eine andere Künstlerpersönlichkeit das Bild mit mehr Gespür für die Bildenergien eine bessere Version malt, die dann als höchste Leistung geschätzt wird. Diese zeitlos traditionelle Auffassung von Kunst ist in dieser Ausstellung besonders relevant, weil beide Künstler, Werner Knaupp und Meng Huang den Energien von Wasser seit Jahrzehnten auf der Spur sind und, von ihrer je eigenen kulturellen Ausgangsposition diese in ihre Bilder kanalisieren. Meng Huang bedient sich dazu der im Westen entwickelten Ölmalerei, die er dennoch wie Tuschemalerei verwendet. Traditionell spricht man von 8 Stufen von schwarz in klassischer Tuschemalerei. Meng Huang ist ambitionierter und strebt eine Palette von 12 Tönen an. Dazu kommt die Technik, die gerade gemalte Schicht wieder abzuwischen und neu aufzubauen, so dass die Leinwand anfängt dreidimensional zu werden. Die Farbe sammelt sich, wie das Wasser im Daoismus in den „Tälern“ der Leinwand und kommt so ganz langsam zum Vorschein und beschert den Bildern eine zeitliche Struktur, die den Betrachter ganz langsam, dafür aber umso nachhaltiger umfängt. Werner Knaupp dagegen ist ein Proteus der Malerei, der die Gewalt von Wasser erlebt hat und davon sprechen kann wie kein Zweiter. Er malt seine Bilder nicht – er schüttet sie Schicht über Schicht in Acryl, bis die Bilder unter ihrem Gewicht zu zerbersten drohen wie ein Schiff auf dem Ozean. Seine Version von Wasser ist präsent, da, jetzt und kompromisslos. Sein Wasser ist immer auch eine Frage nach Leben und Tod. Was beide Künstler vereint, sind ihre unterschiedlichen Fähigkeiten die Energien des Wassers nicht nur sichtbar, sondern physisch erlebbar zu machen. Aus chinesischer Perspektive wird Werner Knaupp als „Meister“ des Themas Wasser sichtbar und aus westlicher Sicht wird Meng Huang ein Revolutionär der Malerei, der die Leinwand dreidimensional macht und die Zeiterfahrung seiner Gemälde erweitert.